Bislang war in der Rechtsprechung umstritten, ob eine Teilungsversteigerung der Ehewohnung schon vor der Scheidung möglich ist. Hierzu ist nunmehr ein Beschluss des BGH ergangen, in dem diese Frage bejaht wird (BGH Beschluss vom 16.11.2022 — XII ZB 100/22).
In dem vom BGH entschiedenen Fall ging es um getrenntlebende Ehegatten, die um die Zulässigkeit der Teilungsversteigerung einer in ihrem jeweils hälftigen Miteigentum stehenden Immobilie stritten. Dabei blieb nach Trennung der Ehegatten die Ehefrau mit den zwei gemeinsamen Kindern in der Ehewohnung und wehrte sich gegen die vom Ehemann betriebene Teilungsversteigerung.
Die Ehefrau vertrat in den Verfahren die Rechtsauffassung, dass der räumlich-gegenständliche Bereich der Ehe bis zur Rechtskraft der Scheidung unbedingten Schutz genieße und aus diesem Grund eine Teilungsversteigerung gegen den Willen des teilungsunwilligen Miteigentümer-Ehegatten in der Trennungszeit stets ausgeschlossen sei. Diese Auffassung wurde vom BGH widersprochen.
Zwar sind die Ehegatten auch nach der Trennung zur gegenseitigen Rücksichtnahme bei der Verfolgung ihrer wirtschaftlichen Interessen verpflichtet. Dies heißt aber nicht, dass eine Teilungsversteigerung der ehelichen Wohnung stets unzulässig sei. Vielmehr ist eine umfassende Abwägung der beiderseitigen Interessen vorzunehmen. Das Ergebnis dieser Interessenabwägung fiel in dem vom BGH entschiedenen Fall zu Ungunsten der Ehefrau aus.
Das Gericht hat seine Abwägung der beiderseitigen Interessen auch vor den Hintergrund der Zeitdauer des Getrenntlebens der beiden Ehegatten zu stellen. Je länger die Trennung bereits andauert, desto mehr Zeit stand dem nicht teilungswilligen Ehegatten zur Verfügung, sich auf die geänderten Verhältnisse einzustellen. Mit zunehmender Dauer der Trennungszeit werden deshalb an das Versteigerungsinteresse des teilungswilligen Ehegatten geringere und an das Nutzungsinteresse des anderen Ehegatten höhere Anforderungen zu stellen sein.
Auch die Interessen der in der Wohnung lebenden Kinder waren zu berücksichtigen. Nach den Feststellungen des Gerichts waren im Rahmen der Interessenabwägung keine Belastungen der Kinder festzustellen, die über die typischerweise mit einem Wohnungswechsel einhergehenden Unannehmlichkeiten hinausgingen.
Im Ergebnis hat der BGH die Beurteilung des Beschwerdegerichts akzeptiert. Insbesondere im Hinblick auf die mehr als dreijährige Dauer des Getrenntlebens der Ehegatten ist dem Interesse des in beengten wirtschaftlichen Verhältnissen lebenden Ehemanns an der Erzielung eines Versteigerungserlöses der Vorzug zu geben gegenüber dem Interesse der Ehefrau an einem längerfristigen Verbleib in der Wohnung.