Groß­el­tern haf­ten für ihre Enkel

Neben den Kin­des­el­tern haf­ten auch ande­re Ver­wand­te für den Kin­des­un­ter­halt, ins­be­son­de­re die Groß­el­tern. Da dies viel­fach nicht bekannt ist, wer­den der­ar­ti­ge Unter­halts­an­sprü­che auch nur sel­ten gel­tend gemacht. Dies könn­te sich nach einer Ent­schei­dung des BGH vom 27.10.2021 – XII ZB 123/21 – ändern.

In dem vom BGH ent­schie­de­nen Fall hat­te ein Vater, der ein monat­li­ches Net­to­ein­kom­men von ca. 1.450 € erziel­te, nur einen monat­li­chen Kin­des­un­ter­halt von 100 € bezahlt und im Übri­gen das Kind auf sei­ne eige­nen Eltern als wei­te­re unter­halts­pflich­ti­ge Ver­wand­te ver­wie­sen, die ca. 3.500 € und 2.200 € monat­lich ver­dien­ten. Ange­sichts der Leis­tungs­fä­hig­keit sei­ner Eltern müs­se ihm der ange­mes­se­ne (1.400 €) und nicht nur der not­wen­di­ge Selbst­be­halt (1.160 €) verbleiben.

Der BGH gab dem Kin­des­va­ter Recht. Danach kann der Vater nur dann auf den not­wen­di­gen Selbst­be­halt ver­wie­sen wer­den, wenn kein ande­rer unter­halts­pflich­ti­ger und leis­tungs­fä­hi­ger Ver­wand­ter vor­han­den ist. Zur Begrün­dung beruft sich der BGH nicht nur auf den Wort­laut des Geset­zes (§ 1603 Abs. 2 Satz 3 BGB), son­dern auch den ursprüng­li­chen Wil­len des Gesetz­ge­bers, wonach der unter­halts­pflich­ti­ge Eltern­teil ein Recht auf Selbst­er­hal­tung hät­te. Er soll nur dann ver­schärft für sei­ne unver­hei­ra­te­ten min­der­jäh­ri­gen Kin­der haf­ten, wenn nicht ein ande­rer Ver­wand­ter zum Unter­halt ver­pflich­tet wer­den könne.

Die Gefahr, die Haf­tung für Kin­des­un­ter­halt auf ande­re Ver­wand­te “abschie­ben” zu kön­nen, wur­de vom BGH als nicht so groß ein­ge­schätzt, als dass sich hier­aus eine Aus­le­gung des Geset­zes gegen den Wort­laut recht­fer­ti­gen las­sen würde.

Im Übri­gen hat der unter­halts­pflich­ti­ge Eltern­teil die Beweis­last dafür, dass es einen ande­ren leis­tungs­fä­hi­gen Ver­wand­ten gibt.

Soll­te der Fall ein­tre­ten, dass Groß­el­tern zur Zah­lung des Kin­des­un­ter­halts her­an­ge­zo­gen wer­den, gilt, dass deren Selbst­be­halt min­des­tens 2.000 € beträgt, wobei die Hälf­te des die­sen Min­dest­be­trag über­stei­gen­den Ein­kom­mens zusätz­lich anrech­nungs­frei bleibt. Ein Groß­el­tern­teil ist daher nur leis­tungs­fä­hig, wenn die­ser min­des­tens 2.000 € im Monat nach Abzug aller unter­halts­recht­lich rele­van­ten Posi­tio­nen hat, also auch unter Berück­sich­ti­gung sei­ner Wohn­kos­ten. Damit soll gewähr­leis­tet wer­den, dass Groß­el­tern kei­ne spür­ba­re und dau­er­haf­te Sen­kung ihres berufs- und ein­kom­mens­ty­pi­schen Unter­halts­ni­veaus hin­neh­men müssen.