Sorgerechtsentzug bei Schulverweigerung

Eltern kann das Sorgerecht für ihre Kinder für den Bereich schulischer Angelegenheiten entzogen werden, wenn sie sich der Beschulung ihrer Kinder auf einer staatlich anerkannten Schule beharrlich verweigern und dadurch für ihre Kinder die Gefahr besteht, weder das erforderliche Wissen noch erforderliche Sozialkompetenzen erlernen zu können.

In einem vom OLG Celle entschiedenen Fall (Beschluss vom 02.06.2021, AZ 21 UF 205/20) hatten sich die einer freikirchlichen Gemeinde zugehörigen Eltern von insgesamt sieben Kindern aufgrund ihres Glaubens verpflichtet, ihre Kinder von Einflüssen fernzuhalten, die den Geboten Gottes zuwiderlaufen. Die Mutter der Kinder beschulte daher ihre beiden ältesten acht und sieben Jahre alten Kinder nach dem Konzept einer „Freien Christlichen Schule“ zu Hause. Die Landesschulbehörde hatte einen Antrag auf Befreiung der Kinder von der Schulpflicht abgelehnt.

In diesem Fall hatte das OLG Celle den Eltern das Recht zur Regelung schulischer Angelegenheiten entzogen. Das Jugendamt wurde als Ergänzungspfleger bestellt und kann damit anstelle der Eltern die maßgeblichen Entscheidungen für den Schulbesuch treffen und notfalls auch die Herausgabe der Kinder für den Schulbesuch erzwingen.

Den Eltern würde es nicht gelingen, die Kinder mit ausreichendem Wissen auszustatten. Die Mutter hatte die Kinder nur wenige Stunden am Tag unterrichtet, und dies überwiegend auch neben der Betreuung der fünf anderen Geschwister.

Auch könnten die Kinder so keine sozialen Kompetenzen erwerben, die es ihnen ermöglichten, sich mit andersgläubigen Menschen auseinander zu setzen und sich in einer Umgebung durchzusetzen und zu integrieren, in der die Mehrheit der Menschen nicht entsprechend den Glaubensvorstellungen der Familie leben. Die Kinder hatten keinen Zugang zu Computern oder zum Fernsehen und können damit auch nicht am sozialen Leben außerhalb der Gemeinde teilnehmen.

Dabei hatte der zuständige Senat des OLG Celle berücksichtigt, dass es aufgrund der durch Art. 4 des Grundgesetzes verbürgten Glaubensfreiheit und des in Art. 6 gewährleisteten Erziehungsrechts die Aufgabe und das Recht der Eltern ist, den Kindern Überzeugungen in Glaubens- und Weltanschauungsfragen zu vermitteln. Auch unter Berücksichtigung dieser Grundrechte ist die getroffene Entscheidung zum Schutz der Kinder erforderlich und verhältnismäßig. Zwar werden die Kinder bei einem Schulbesuch unter anderem mit der Evolutionstheorie, der Sexualkunde und der Gleichberechtigung von Mann und Frau konfrontiert, was die Eltern hier im Hinblick auf ihre Glaubensüberzeugungen verhindern wollen. Allein durch die Behandlung dieser Unterrichtsstoffe sind die Eltern aber nicht daran gehindert, ihre Kinder in Glaubensfragen nach eigenen Vorstellungen zu erziehen.