Es ist ganz einfach, ein Berliner Testament zu schreiben. Wenn sich aber nach dem Tod eines der testierenden Ehegatten die familiären Verhältnisse ändern, kann es für den längerlebenden Partner unmöglich sein, das Testament daran anzupassen.
Das Kammergericht in Berlin musste schon im Jahr 2014 (Beschluss vom 19.12.2014, 6 W 155/14) einen solchen Fall entscheiden. Die Eheleute hatten sich in einem gemeinschaftlichen Testament aus dem Jahr 2002 gegenseitig zu Erben eingesetzt und ihre Tochter und ihren Sohn zu Schlusserben nach dem Längerlebenden bestimmt hatten (= „Berliner Testament“).
Nachdem zunächst die Ehefrau und dann auch der Sohn verstorben waren, hatte der Vater ein neues Testament errichtet und sowohl seine Tochter enterbt wie auch den Sohn seines verstorbenen Sohnes, also seinen Enkel. Die Tochter beantragte nach seinem Tod gleichwohl einen Erbschein, wonach sie aufgrund des gemeinschaftlichen Testaments hälftige Erbin geworden sei. Damit hatte sie Erfolg. Der Enkel aber ging leer aus.
Das Kammergericht hat betont, dass nach den gesetzlichen Vorschriften die Erbeinsetzung der Tochter zur Schlusserbin vom Vater nicht mehr einseitig geändert werden konnte. Denn die Einsetzung des Vaters zum Alleinerben nach der Mutter steht in bindendem Zusammenhang mit der Erbeinsetzung der beiden Kinder durch den Vater. Deshalb ist die nachträgliche Enterbung der Tochter unwirksam.
Anders sieht die Entscheidung des Kammergerichts allerdings bezüglich des Enkelsohns aus: Weil die Großeltern ihre Enkel nicht einmal andeutungsweise als Ersatzerben im gemeinschaftlichen Testament erwähnt hatten, kommt hier ein Ausschluss von der Erbfolge in Betracht. Lediglich dann, wenn sich auch aus dem Inhalt des Testaments ergeben sollte, dass der Enkel für den verstorbenen Sohn nachrücken soll, wäre eine Abänderung durch den Vater ausgeschlossen gewesen.
Das Urteil zeigt, welches von vielen Laien nicht erkannte Risiko in einem Berliner Ehegattentestament steckt: Durch die Einsetzung der Kinder zu Schlusserben macht nicht nur der erstversterbende Ehepartner sein Testament, sondern auch der längerlebende. Dieser kann einseitig kein wirksames neues Testament mehr errichten. Unwirksam wäre sogar jede Anordnung eines Vermächtnisses, und sei es zugunsten von Personen, die den Längerlebenden am Ende seines Lebens aufopferungsvoll und fürsorglich versorgt haben.
Abhilfe kann nur durch entsprechende Regelungen in dem gemeinschaftlichen Testament beider Eheleute getroffen werden. Deshalb sollten sich Eheleute, die ein Testament errichten wollen, unter fachkundiger Beratung Gedanken über so genannte Abänderungsklauseln machen.